Vorwort und Inhaltsangabe
Als Ergänzung zu den bisherigen geschichtlichen Berichten über Karsee wird im folgenden versucht, unsere Dorfgeschichte so zu betrachten, wie sie in alten Schriften und Urkunden aufgezeichnet ist und erforscht werden konnte.
Wegen der Selbständigkeit dieser dreiteiligen Arbeit sind einige Wiederholungen aus den früheren Abhandlungen unvermeidbar.
Der erste Teil befasst sich mit einer Deutung unserer Orts- und Siedlungsnamen und mit urkundlichen Namensnennungen aus der Dorfgeschichte im Wandel der Jahrhunderte.
Der zweite Teil enthält eine Beschreibung unseres Sees und eine biologische Beurteilung desselben aus dem Jahre 1972 vom Dipiombiologen Ernst Brändle, Tübingen.
Im dritten Teil ist die Inhaltsangabe der alten verschwundenen Pfarrchronik von 1691 wiedergegeben und ein Bericht von den Nachforschungen über dieses unersetzliche heimatgeschichtliche Dokument.
Karsee, im Oktober 1989, Ernst Praschak
Quellenangabe mit Kurzbezeichnungen
Das Königreich Württemberg,Band 4 (KW4)
Geschichte des Allgäus von Baumann (Ba)
Oberamtsbeschreibung des Kreises Wangen v.Prof.Pauly (OAB)
Beschreibung des Oberamts Ravensburg von Memminger (Me)
Geschichte des Hauses Waldburg von Vochezer (Vo)
Auszüge aus Urkunden vom Repertorium Weingarten (RW)
Heimatkundliche Prüfungsarbeit von H.Burst (Bu)
Gemeinde Amtzell einst und jetzt von L.Frisch (Fr)
Deutung von Ortsnamen und urkundliche Namensnennungen
a) Vorbemerkungen
Seit der Gemeindegründung im Jahre 1952 gehören zum Ortschaftsbereich Karsee 42 Ortsteile mit etwa 1200 ha Land. Die Einwohnerzahl ist seither von etwa 650 auf 550 gesunken. Es ist jedoch zu erwarten, daß sie durch die Erschließung der neuen Siedlungsgebiete Kirchberg und Jugendheimstraße wieder ansteigt.
Mehr als die Hälfte der Siedlungen sind Einzelhöfe, die neben dem früheren oder jetzigen Besitzernamen auch ihren eigenen Hof- oder Weilernamen aufweisen.
Merkwürdige, dem Ortsfremden ungewohnte Formen sind darunter und wecken den Wunsch nach Deutung und Klärung, die keineswegs einfach ist.
Vielfach sind besondere örtliche Verhältnisse für die Deutung eines Namens maßgebend, manchmal bedarf es dazu besonderer Kenntnisse der Sprachformen und der Sitten und Gebräuche vergangener Jahrhunderte. Oft auch enthält die Mundart oder ein Personenname den einzigen Hinweis für eine eventuelle Deutung.
Manche Namen weisen auf Lage, Grundstücksform, Landschaft, Geländeform, Waldbestand, Rodung oder auch auf historische Begebenheiten hin.
Das Einödsystem mit Weilern und Höfen zeigt, wie im gesamten Allgäu so auch bei uns, Namen und Namenverbindungen mit Ach, Aich, Bach, Berg, Bühl, Egg, Feld, Gut, Grub, Gschwendt, Hag, Halde, Haus, Hof, Holz, Lehen, Loch, Moos, Reute, Ried Steig, Tal, Tobel, Wald, Weiler, Wies u.a.
Mehrere unserer Ortsteile lassen sich unter diese Namen einordnen. Eine vollständige Deutung unserer Ortsnamen war jedoch nicht möglich. Mancher Versuch begründet sich nur auf Vermutungen.
Urkundlich läßt sich nachweisen, daß um das Jahr 800 das Kloster Sankt Gallen, gegründet 614, in unserem Heimatgebiet erheblichen Grundbesitz erworben hatte.
Nach St.Gallener Urkunden war z.B. Wangen 815, Karbach 853 und Niederwangen 856 in Sankt Gallener Besitz. Noch heute bestehen zwischen Wangen und Sankt Gallen gute städtische und persönliche Verbindungen.
Zwei altsanktgallische Urkunden sind für Karsee von besonderer Bedeutung, da sie die Siedlungen Englisweiler und Ruzenweiler betreffen, die in den Jahren 861 und 870 genannt werden. (Darüber ist ausführlich berichtet)
Zum Kloster Sankt Gallen gehörte auch die Herrschaft Praßberg. Sie war als Lehen dem Dienstmannengeschlecht "von 'Praßberg" verliehen worden. Die Burg wurde im Jahre 1123 erbaut, also 70 Jahre vor unserem Kirchenbau.
Als Besitz "derer von Praßberg" taucht dann auch Karsee in den Urkunden auf.
Ob unser Dorf vorher ebenfalls einem Ritter-Dienstmannengeschlecht unterstand oder dem Kloster Weingarten gehörte, ließ sich nicht feststellen.
Teile unseres jetzigen Gemeindegebietes unterstanden außer dem Kloster Sankt Gallen zur gleichen Zeit noch den Herren von Montfort-Tettnang.
Etwa zwischen 1100 und 1300 vergrößerte das Kloster Weingarten durch Käufe und Stiftungen seinen Besitz immer mehr. Im Grenzbereich seines Einflussgebietes wurden auch die Siedlungen unserer Pfarrgemeinde zum größten Teil in den Besitz des Klosters einbezogen.
Begünstigt wurde dies durch den Niedergang der alteingesessenen Adelsgeschlechter, die ihre Grundherrenrechte nicht mehr ausüben konnten oder aber missbrauchten, indem sie ihre Hörigen zu stark mit Zinsen und Abgaben belasteten.
Für den größten Teil unseres Ortschaftsbereichs ist diese Übernahme der Besitzrechte durch das Kloster urkundlich nachweisbar. Die Urkunden, die bei den Käufen und Schenkungen ausgestellt worden waren, befinden sich heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart unter dem Register "Repertorium Weingarten."
Aus dem Jahre 1533 existiert auch eine Güterbeschreibung der Pfarrei Karsee von Pfarrer Konrad Lang, die sich ebenfalls im Hauptstaatsarchiv Stuttgart befindet.
Bei den wörtlich zitierten Berichten handelt es sich hauptsächlich um Abschriften aus Urkunden und verschiedenen Schriften, die im Quellenverzeichnis aufgeführt sind.
Sie stehen meist unter Anführungszeichen und stammen aus zweiter und dritter Hand, da die Urkunden selbst nur schwer zugänglich waren und nicht weitergegeben wurden.
Über die Zugehörigkeit des Dorfes und seiner Ortsteile zu den verschiedenen Gemeinde- und Pfarrverbänden ist in meiner kommunalpolitischen Geschichte von Karsee ausführlich berichtet. Um dem interessierten Leser ein Nachschlagen zu ersparen, sei hier kurz wiederholend zusammengefasst:
Bis zum Jahre 1808 teilten sich die Klöster Sankt Gallen, Weingarten und Weißenau, die Freien Reichsstädte' Ravensburg und Wangen, die Herrschaften Waldburg und Wolfegg die Besitzrechte über die Siedlungen des jetzigen Ortschaftsbereiches.
Verwaltung und Gerichtsbarkeit lagen bei den Grundherren, bei den Fürsten und Grafen, den Klöstern und Kirchherren, bei Burg- und Landvögten und bei Adelsgeschlechtern.
Unser Gebiet war vorderösterreichisch. Pfarrei und Kirche gehörten zum Bistum Konstanz und zum Landkapitel Friesenhofen/lsny.
Es ist schwer zu ergründen und würde zu weit führen, die oft verworrenen und undurchsichtigen Besitzverhältnisse und Verwaltungszuständigkeiten im Hin und Her der Schenkungen, Käufe und Verkäufe darstellen zu wollen.
Mit der Säkularisation (Verstaatlichung) unter Napoleon begann ein neuer Zeitabschnitt in der Geschichte unserer Gemeinden. Erst nach Loslösung unseres Gebietes von Österreich und nach der Gründung des Königreichs Württemberg im Jahre 1806 gab es Gemeinden in unsrem Sinne.